Diese Frage wurde mir in einem Interview gestellt. Für eine ehrliche und bedeutungsvolle Antwort brauchte ich doch einen Moment länger als was üblicherweise in einer Gameshow zur Verfügung stehen würde, ohne Joker und Lifeline.
2025
Aus meinem persönlichsten Umfeld wurde ich mehrerer strafrechtlicher Vergehen und eines Verbrechens bezichtigt. Der verpflichtete Anwalt und Rechtsvertreter hat mit dem Strafgesetzbuch in der Hand optimierte Szenarien formuliert und interpretiert. Die so durchsichtig auf maximalen Effekt für die Strafverfolgungsbehörde getrimmten Schreiben zeugen von langjähriger Erfahrung. Bezug zur Realität: unwesentlich. Kontext: irrelevant. Genauigkeit: nur wenn hilfreich. Der Anwalt ist ja der Mandantin verpflichtet – nicht dem Gesetz und nicht der Wahrheit.
Aus einem physiologischen Furz lässt sich so eine symphonische Dichtung der Neuen Musik oder eine Umweltkatastrophe mit Giftgaseinsatz konstruieren.
Loslassen.
Anstelle einer juristischen Vertretung habe ich mich auf die spirituellen Werte und Haltung meines Glaubens bezogen. Ich habe mich allein als ganzer Mensch hingestellt und das Verhör, wie auch die Befragung durch die Staatsanwältin, ohne juristische Strategie und argumentative Finesse beantwortet.
Wahrhaftigkeit. Integrität. Die Frage des “Recht Habens” wurde völlig irrelevant unter solchen Umständen. Die Chance auf Erfolg ebenso.
Der Rechtsvertreter hatte seine Mandantin mit vorformulierten Aussagen und Feststellungen gebrieft und gecoacht. Leider hatten diese nicht immer einen relevanten Bezug zum Inhalt der laufenden Verhandlungen. Auch war er verstrickt in technische Schwierigkeiten mit seinem Gerät, die ihn genauso lächerlich aussehen liessen wie er die fortschreitenden Vergleichsgespräche zwischen mir und seiner Mandantin störte. Zum Schluss sass er da, zerknittert und mit schlaffer Krawatte in seinem gebügelten Anzug.
In diesem turbulenten Prozess gab es einen Moment, eine Minute des Schweigens, des wortlosen Dialogs mit direktem Augenkontakt zwischen der Geschädigten und dem Beschuldigten. Da war eine innige, liebende Verbundenheit präsent. Unausgesprochen. Unerklärlich.
Ankommen.
Einfachheit. Gemeinschaft. Die komplizierte juristische Attacke und damit die Zuschreibung von Schuld drehte danach eine weitere Schlaufe nach ihren eigenen Spielregeln (alles gesetzeskonform), und ich fühlte mich wie aussen vor als Betrachtender. Mit gelegentlichem Blick in die saftigen Kronen der umstehenden Bäume.
Ich durfte zum Schluss einen vorverfassten Vergleich unterschreiben. Mich bedanken und verabschieden.
Und weitergehen.
Gleichwertigkeit. Frieden. Diese Funken der Menschlichkeit zeigten sich ganz kurz. Mir scheint es wichtig, diese trotz allen Widrigkeiten und trotz des Fehlens eines gemeinsamen Verständnisses und gleichwertigen Dialogs zu spüren, zu erkennen und wertzuschätzen.
Was ich hier anhand einer kurzen Episode beschreibe, hat ein ganzes Lebensjahr definiert.
“Speaking truth to power” wirkt auch in anderen Situationen und Kontexten.
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Diskussionsthema: Aufruf zur Totalverweigerung und zur Gründung eines Friedenskollektivs
DER ERSTE FRIEDE
Der erste Friede, der wichtigste ist der, welcher in die
Seelen der Menschen einzieht, wenn sie ihre Verwandt–
schaft, ihre Harmonie mit dem Universum einsehen und
wissen, dass im Mittelpunkt der Welt das Grosse Geheimnis
wohnt, und dass diese tatsächlich überall ist. Sie ist
in jedem von uns. Dies ist der wirkliche Friede. Alle
andern sind lediglich Spiegelungen davon.
Der zweite Friede ist der, welcher zwischen Einzelnen
geschlossen wird und der dritte ist der zwischen Völkern.
Doch vor allem sollt ihr sehn, dass es nie Frieden zwischen
Völkern geben kann, wenn nicht der erste Frieden vorhanden
ist, welcher wie ich schon oft sagte, innerhalb der Menschen-
seelen wohnt.
Hehaka Sapa
Die Idee zu diesem Aufruf zur Totalverweigerung und zur Gründung eines Friedenskollektivs geht davon aus, dass heute mit vielen Initiativen und Abstimmungskämpfen zwar durchaus eine sehr breite Diskussion zu einem Thema kann in Gang gesetzt werden.
Diesen Vorgang konnten wir in den letzten Jahren doch einige Male beobachten, zB anhand von Energie-, Zivildienst- und einigen anderen Vorlagen. Dennoch glaube ich nicht, dass dabei je eine echte Auseinandersetzung stattgefunden hat, denn innerhalb einer echten Diskussion können sich Leute mit verschiedensten Standpunkten durchaus näher kommen. Doch gerade dieses Element war auf der politischen Ebene in letzter Zeit nie mehr festzustellen. Die Fronten sind gebildet, die beiden lager organisiert. Darum finde ich, dass es heute nötiger denn je ist, dass sich endlich eine Gruppe von Menschen bildet, die die gesittete Normalität und das kriecherische Anpassertum überwindet und die volle Radikalität zu leben versucht.
… aber niemand getraut sich, über seine Beschränktheit hinauszukommen.
In der gesamten linken Opposition und der grün-alternativen Bewegung werden immer wieder kleine Schritte des Umkehrs gemacht. JedeR macht für sich wieder Fortschritte, im privaten Bereich, aber niemand getraut sich über diese Beschränktheit hinauszukommen.
Es ist kaum möglich, einen gemeinsamen Kampf aufzunehmen, zum Beispiel beim Militär eine Kollektivverweigerung. So geht es auch in anderen Bereichen, jedeR muss doch Rücksicht nehmen aus seine/ihre spezielle Situation und kann deshalb, obwohl die gemeinsame Idee durchaus befürwortet wird, nicht an einer kollektiven Aktion teilnehmen. Darum muss ich heute sagen: Sind wir nicht alle zusammen HosenscheisserInnen und BünzlibürgerInnen? Nach vorne bis zur Nasenspitze und nach hinten bis zum Geldbeutel reicht unser Spektrum, innerhalb dessen wir bereit sind uns zu ändern.
Wir alle haben das Vertrauen in eine echte Gemeinschaft verloren, die bereit ist jedeN einzelneN zu tragen, egal wie gut oder wie mies es ihr/ihm geht; die bereit ist auch das Leiden zu teilen, zum Beispiel im Kampf um die Radikalität. Nur allzu schnell führt dieser Weg in die Illegalität, doch da beginnt plötzlich wieder jedeR sich selbst zu schützen.
Warum eigentlich kann das Allgemeinwohl heute nicht mehr höher eingeschätzt werden als das private Wohlergehen? Wir hocken alle in einer Zweierkiste oder einer anderen Gemeinschaft, aber im Grunde genommen schaut jedeR für sich, Hauptsache, er/sie kann gut leben, Hauptsache, das geistige und physische Wohl ist garantiert.
Man/frau denkt schon an die Zukunft und an die kommenden Generationen, man/frau sieht auch, dass wir die Verantwortung tragen sollen für die Weiterexistenz des Lebens überhaupt. Und jedeR ist zufrieden , wenn sie/er einen kleinen Beitrag an das umfassende Ziel geleistet hat, wenn sie/er zum Beispiel kein Fleisch mehr isst, dafür aber nicht auf die Elektrizität oder das Auto verzichten kann. Aber immerhin, so tönt es beruhigend, sei ein kleiner Schritt immer besser als gar keiner. Also nimmt sich heute jedeR aus dem grossen Korb der verschiedenste Möglichkeiten die Massnahme heraus, die sie/er, ohne dass es ihr/ihm eine grosse Überwindung kosten würde, realisieren kann.
EineR verzichtet auf das Fleisch in der Ernährung, der/die andere fährt nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, und die/der dritte arbeitet für einen Tausender in einem Alternativbetrieb. All dies sind Schritte hin zu einer Veränderung, aber sie gehen alle nur so weit, als sie uns nicht zu persönlich und vor allem nicht unsere Sicherheit tangieren.
Es würde mich nicht wundern, wenn die Migros bis in zehn Jahren nur noch Bio-Gemüse verkaufte würde.
Da stellt sich doch ernsthaft die Frage, ob damit auf die Dauer auch nur jemandem geholfen werden kann. Bewirkt diese egoistische Handlungsweise noch etwas mehr, als dass sie unser Gewissen beruhigt? Wird dadurch irgendetwas in Frage gestellt? Wird auch nur eine der Institutionen, die uns als übermässige Machtstrukturen entgegentreten, dadurch betroffen?
Nein, mit dieser unkoordinierten Handlungsweise tun wir niemandem weh. Wir können zwar wunderschöne Geschichten schreiben, über Zusammenhänge aufklären, alle möglichen Institutionen angreifen, doch diese sind so weltoffen, dass sie diese Kritik auch einstecken können. Denn sie wissen zu genau, dass die gesamte Alternativbewegung nur immer von den gesellschaftlichen Veränderungen spricht, dass sie aber trotzdem abhängig bleiben wird von den Konzernen und dem Staat.
So passiert denn auch nichts gegen den Willen dieser Machtträger, sie gehen im Gegenteil sogar auf gewisse Forderungen unsererseits ein. Es würde mich nicht wundern, wenn die Migros bis in zehn Jahren nur noch Bio-Gemüse anbieten und verkaufen würde. Eine absolut realistische Vorstellung. Und dann würde das Hurra-Geschrei auf der Seite der Alternativbewegung hervorbrechen, sie würden diese Veränderung feiern wie einen Sieg über diese Wirtschaftsmacht. Und die Migrosmächtigen lachen sich ins Fäustchen, die andern haben ihre Freude und wir weiterhin Absatz, Kundschaft und riesige Gewinne. Es kommt der Wirtschaft eigentlich nicht darauf an, womit sie ihr Geld verdienen, Hauptsache, sie verdienen.
Aber auch die Armee spürt es nicht in ihren Verbänden, wenn jährlich siebenhundert Männer und zwei Frauen ihren Dienst verweigern. Sie veranstalten zwar für diese Fälle jeweils ein Riesentheater mit richtigen Schauprozessen. Doch daneben mustert die Armee jährlich noch ein paar tausend ihr unliebsame Leute auf medizinischem und psychiatrischem Weg aus. Diese erscheinen nirgends in einer Statistik und werden mit aller Sorgfalt verschwiegen. Auch wird sich keiner der Armeeführer auch nur eine schlaflose Nacht machen wegen der Initiative, die gegen die Initiative lanciert werden soll. Es ist ja schon zum voraus klar, dass es auch den Initianten nur um die Anregung einer Diskussion geht und zu einer Diskussion ist man grosszügigerweise immer bereit.
Aber wenn die fünfzigtausend Männer, die voraussichtlich mit fünfzigtausend Frauen die Initiative unterzeichnen werden, keinen Militärdienst mehr leisteten, auch nicht beim Zivilschutz, so würden die Offiziere und Generäle echt ins Schwitzen kommen, das ergäbe Bestandeslücken, die bedeutend mehr erreichen könnten als der teure Abstimmungskampf .
Noch kurz ein anderes Beispiel. Wenn nach der letzten energiepolitischen Abstimmung alle Ja-Stimmenden für eine Woche auf den Stromverbrauch verzichtet hätten, so wäre die dienstbare Elektromafia doch kurz ins Schleudern geraten und hätte die eine oder andere Zentrale abschalten müssen. Und man/frau hätte sehen können, dass ihre Macht nur auf der Bequemlichkeit der Strombezüger beruht und keineswegs gottgegeben ist, und deshalb auch veränderbar ist.
Darum glaube ich an die Kraft der Radikalität ich glaube, dass ich glaube, dass Veränderungen möglich sind; ich glaube aber auch daran, dass die Opposition nicht ohnmächtig ist, sondern dass sie sich vielmehr ohnmächtig macht, weil jedeR nur für sich schaut. Wenn die Alternativbewegung tatsächlich Veränderungen verwirklichen möchte, so hätte sie die Kraft dazu.
Doch werde ich manchmal den Verdacht nicht los, dass wir zwar immer von Veränderungen reden, doch in unserem Innersten sind wir zufrieden mit dem jetzigen Zustand. Es geht uns gut, ja sogar bestens. Deshalb sagte ich schon zu Beginn: HosenscheisserInnen, BünzlibürgerInnen, KompromisslerInnen. Auf Kosten des Allgemeinwohls und auf Kosten der Zukunft lassen wir es uns gut gehen!
Aus diesen Gründen sollten wir heute eigentlich so weit sein, dass wir über unsere eigene Beschränktheit hinaus gehen und einen mutigen Schritt in die Zukunft wagen. Indem wir uns dazu bereit erklären, dass wir und vom Ich-bezogenen Wohlfahrtsdenken befreien, indem wir bereit sind, jede militärische und paramilitärische Dienstleistung zu verweigern. Indem wir auch bereit sind, unsere Arbeitskraft und unsere Finanzkraft zu verweigern, indem wir uns nicht mehr aus purem Egoismus und aus reiner Bequemlichkeit auf hunderte von Kompromissen einlassen, die es anderen ermöglichen uns von ihnen abhängig zu machen.
Wir sollten aber gleichzeitig bereit sein, unsere Kraft für den Aufbau eines Friedenskollektivs einzusetzen. Dieses Kollektiv könnte dann von sich aus Aufgaben übernehmen, die weit über das Bisherige und das in den heutigen Strukturen Mögliche hinausgehen. Diese Aufgaben drängen uns nicht nur im sozialen Bereich, zum Beispiel in der offenen Altershilfe, bei der Integration von Behinderten und anderen zu Sozialfällen abgestempelte Randgruppen, sondern auch in anderen Lebensbereichen. Ich denke dabei an die Landwirtschaft, insbesondere in den von der Abwanderung und Vergandung betroffenen Berggebiete, aber auch an den Umweltschutz, zum Beispiel beim Weiterentwickeln einer angepassten und sanften Technologie. Ein besonderes Anliegen wird die aktive Friedensarbeit sein.
Die Arbeit des Friedenskollektivs darf aber nicht kommerzialisiert werden, sie darf sich auch nicht verkaufen. Aus ihrem Selbstverständnis heraus kann sie nicht entschädigt werden, denn sie entspricht nicht einem kurzfristig messbaren Wert. Daraus ergibt sich auch der kollektive Charakter der ganzen Idee, für eineN EinzelneN ist diese Lebenshaltung nicht realisierbar. Ein Friedenskollektiv wird sich selbst tragen, wird vielleicht sogar eigene Lebensräume fordern. Wenn schon ein Nationalpark zur Erhaltung der Pflanzen- und Tierwelt möglich ist, so sollte es auch möglich sein, Gebiete auszuscheiden in denen auch der Mensch zusammen mit Tier, Pflanze und anorganischer Umwelt leben und überleben kann.
Der neue Hausphilosoph der Wohngemeinschaft Alte Sennerei im Tenna Hospiz hat dies, in Anlehnung an ein bei Gogol, Die stille Trauer, schon 1842 zitiertes Sprichwort, formuliert.
Ich bin beeindruckt von der Tiefe dieser Aussage eines einfachen Mannes. Er, der keine akademischen Titel trägt, Pfeife raucht, und still die Welt beobachtet: nicht nur die Schönheit der majestätischen Bergkulisse an seinem letzten Lebensort, sondern – mit der selben Neugier und ohne analytisch-rechthaberischen Ansprüchen – auch die soziologischen Begebenheiten und Zusammenhänge.
Ich weiss nicht, ob er jemals Gogol gelesen hat. Er ging als Hirt durchs Leben. Er kennt wenige Flecken dieser Erde – die, die er kennt jedoch in minutiösen und vernetzten Details. Sein Hobby war es “Hirschhora” zu sammeln; dabei weiss jedes Kind, dass Hirsche ein Geweih tragen…
Ein medizinischer Notfall setzte seiner eigenwilligen Eigenständigkeit ein jähes Ende.
Hilflos und körperlich stark beeinträchtigt wagte er den Schritt – von Angehörigen im Rollstuhl gestossen – in eine Wohngemeinschaft für den letzten Lebensabschnitt. Er verzichtete auf professionelle Abklärung, Diagnose, medizinische Behandlung und Rehabilitation.
Mit der Akzeptanz eines Weisen und dem Willen und der Kraft eines einfachen Menschen lernte er in kurzer Zeit, einen neuen Alltag zu meistern.
Stell dir vor, das Erlebnis, wenn eine gelähmte Hand das erste Mal am Frühstückstisch eine Scheibe Brot zu greifen vermag. Dank höchster Konzentration, optimistischem Ausblick und trotz gegenteiliger Evidenz.
Stell dir vor die Freude, als er wieder vor die Haustüre treten konnte, um seiner Sucht zu frönen.
Damit hat er den medizinisch-industriellen Komplex um durchschnittlich € 43’812 an Umsatzpotenzial gebracht (safestroke.eu: At what cost?). Die pro Patient im Schnitt ausgewiesenen nicht-verrechenbaren 500 Pflegestunden pro Jahr werden ihm durch die Wohngemeinschaft Alte Sennerei und pflegende Angehörige geleistet.
Und was hat das mit dem befürchteten Weltuntergang zu tun?
Erstens, unser Hausphilosoph hat sich entschieden, mit dem was er hat, das Beste zu machen. Er strebte kein Ideal an, er stellte keinen Anspruch auf Genesung, Heilung oder gar Optimierung. Er hat auch nicht darauf gepocht, dass er mit allen verfügbaren Mitteln behandelt wird, nur weil er jahrzehntelang in die Krankenkasse einbezahlt hat ohne gross davon zu profitieren.
Ihm waren andere Sachen wichtig – und diese scheinen nicht modern. Dafür sind sie nachhaltig und sie werden als universelle menschliche Werte die angehende Apokalypse überdauern.
Ohne gewisse ‘altmodischen Tugenden’ wird die Welt der modernen Gesellschaften zugrunde gehen. Denn in diesen Tugenden, und nicht in den modernen Hypes, steckt die Kraft der Resilienz, trotz dem wirtschaftlichen Würgegriff der modernen Zeit und den daraus resultierenden soziologischen Konsequenzen, ein Leben in Würde leben zu können.
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Othmar F. Arnold und Tenna: Das ist eine alte Geschichte. Sie reicht zurück in die frühen 1980er-Jahre, als sich der Dienstverweigerer Arnold aus Sursee LU zu einem freiwilligen Zivildienst in der Berglandwirtschaft entscheidet. Während dieser Arbeit wächst der Wunsch, mal einen Sommer auf einer Alp zu verbringen. Aber wo? Es ist ein Bauer aus Tenna im Safiental, der dem jungen Mann einen Hirtenstock in die Hand drückt. Arnold gefällts. Einen Sommer später trifft man Arnold erneut auf einer Safier Alp. Tenna wird zum Sehnsuchtsort.
Wen wunderts, dass sich Arnold, als er vom Tod des «Bankenmichels» in Tenna erfährt, sich um die Nachfolge bewirbt? Der 25-Jährige wird Chef der Raiffeisenbank. Es ist ein 30-Prozent-Job mit Freiräumen. Arnold wird Bergbauer. Doch mit der Pacht will es nicht so recht klappen. Nach zwei Jahren steht Bauer Arnold plötzlich ohne Land da. Was tun? Die Antwort führt zur grössten Zäsur in seinem Leben: Mit Kind und Kuh gehts nach Kanada. Es ist ein Aufbruch ins Unbekannte, gleichzeitig auch die Zerstörung einer Illusion. Denn bald muss Arnold erkennen, dass Landwirtschaft letztlich nicht seine Berufung ist.
Es geht zurück auf Feld eins. Arnold zieht mit der Familie an den Rand eines indigenen Dorfes und führt als «Wilderness Guide» Touristen durch die Gegend.
Im Winter hält er die Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bald wird er angefragt, ob er bei der Feuerwehr mitmachen wolle, bei der Sanität und der Ambulanz. Im Rückblick ist ihm klar: «Das war mein Einstieg in die Pflege».
Arnold bildet sich zum Rettungssanitäter aus. Mit 40 Jahren beginnt er am Selkirk College in Castlegar im Südwesten der Provinz British Columbia das Studium zum Pflegefachmann. Dort wird ein breites Berufsverständnis vermittelt. Pflegende sollen mehr Verantwortung übernehmen und in Bereichen mitdenken und entscheiden, die hierzulande Ärzten vorbehalten sind. 2005 folgt der Bachelor in Pflegewissenschaften, fünf Jahre später der Master. Dazwischen arbeitet Arnold in der Langzeit- und Demenzpflege, in einem Aids-Hospiz und sammelt bei Einsätzen in Uganda, Ruanda oder Pakistan Erfahrungen als humanitärer Katastrophenhelfer. Es ist aber auch die Zeit, während der das Bedürfnis nach einer Rückkehr in die Schweiz wächst.
Ein Inserat der Spitex Foppa in Ilanz lockt ihn 2013 schliesslich zurück und in den traditionellen Pflegeberuf. Arnold bildet sich weiter, absolviert 2016 gar ein theologisches Nachdiplomstudium … und initiiert schliesslich in Tenna das «Hospiz Alte Sennerei», diesen «Ort zwischen Heim und Daheim», wo «alte Menschen in einer Wohngemeinschaft und in vertrauter Umgebung leben und kompetent und achtsam durch fragile Zeiten begleitet werden.» Seit 2021 leitet der 64-Jährige das Hospiz, unterstützt von einem kleinen Team aus Fachleuten
Übrigens: Jenen Bauer aus Tenna, der vor über vierzig Sommer Othmar F. Arnolds Alpwunsch ermöglicht hatte, durfte er zu Hause in den Tod begleiten. Seine Frau ist heute Bewohnerin im Hospiz.
Text: Zeitlupe Magazin, 08-2025, Marco Guetg
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A hospice is a special place where “incurably ill, dying people” are accompanied. “In a soothing environment, we want to help our clients to the best quality of life.” (Hospice Graubünden)
A communal residence for the last phase of life, such as the small lighthouse project in the Alte Sennerei in Tenna / GR, also offers a soothing environment for the best possible quality of life. It is primarily a place for people (without a defining medical diagnosis), “who can no longer live independently at home, but do not want to leave their homeland… in order to be able to stay in their usual cultural, social and scenic environment until the end of life” (Bürge, 2025).
“The WG Alte Sennerei pursues a holistic and life-affirming approach to death. Instead of tabooing it, it is considered an integral part of life. The philosophy is based on the principle “Ars vivendi – Ars moriendi” – the art of living and dying” (Rüegger, 2006). “In a society that often represses death, the WG Alte Sennerei creates a space in which dying is assumed to be a natural process. This also means that the dying process and death do not have to happen behind closed doors.” (Bürge)
In the Alte Sennerei, individual dying is lived in community .
Thus, the grieving process for the dying person, as well as for the cohabitants, often begins long before the (from a medical point of view) “deterioration of the general condition”. A dying person needs more and more support in everyday life: more closeness and companionship, possibly aids, more rest and new forms of participation. Maybe even palliative care and medical relief of clinical symptoms.
The cohabitants take an active part – to the extent that they are ready and capable. For them, it is also the last phase of life. They live with the awareness that “I am next”. This also results in special forms of affection.
A individual reflection on existential questions is inevitable. It is nice when these are alluded to or at least lived out within the community.
Literature:
Bürge, Philipp. (im Druck). Wohngemeinschaft Alte Sennerei. Selbstbestimmung und Teilhabe im letzten Lebensabschnitt innerhalb der sorgenden Gemeinschaft. Verein Tenna Hospiz, Tenna.
Rüegger, Heinz. 2006. Das eigene Sterben. Auf der Suche nach einer neuen Lebenskunst. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. ISBN 978-3-525-63371-7
Arnold, Othmar F. 2024. Palliative Care als Gottes Dienst. In: Mit dem Tod leben.Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker), Bad Pyrmont. ISBN 978-3-929696-68-4
Ein Hospiz ist ein spezieller Ort, in dem “unheilbar kranke, sterbende Menschen” begleitet werden. “In einer wohltuenden Umgebung möchten wir unseren Bewohnenden zur bestmöglichen Lebensqualität verhelfen.” (Hospiz Graubünden)
Eine Wohngemeinschaft für den letzten Lebensabschnitt, wie das kleine Leuchtturm-Projekt in der Alten Sennerei in Tenna/GR, bietet auch eine wohltuende Umgebung für bestmögliche Lebensqualität. Sie ist in erster Linie ein Ort für Menschen (ohne definierende medizinische Diagnose), “die nicht mehr selbständig zu Hause leben können, aber ihre Heimat nicht verlassen möchten… um bis zum Lebensende in ihrem gewohnten kulturellen, sozialen und landschaftlichen Umfeld bleiben zu können” (Bürge, 2025).
“Die WG Alte Sennerei verfolgt einen ganzheitlichen und lebensbejahenden Umgang mit dem Tod. Statt ihn zu tabuisieren, wird er als integraler Bestandteil des Lebens betrachtet. Die Philosophie basiert auf dem Prinzip «Ars vivendi – Ars moriendi» – die Kunst des Lebens und des Sterbens” (Rüegger, 2006). “In einer Gesellschaft, die den Tod oft verdrängt, schafft die WG Alte Sennerei einen Raum, in dem Sterben als natürlicher Prozess angenommen wird. Das beinhaltet auch, dass der Sterbeprozess und der Tod nicht per se hinter verschlossenen Türen passieren muss.” (Bürge)
Das individuelle Sterben wird in der Alten Sennerei in Gemeinschaft gelebt.
Somit setzt der Trauerprozess für die sterbende Person, wie auch für die Mitbewohnenden, oft schon lange vor der (aus medizinischer Sicht) “Verschlechterung des Allgemeinzustands” ein. Eine sterbende Person braucht zunehmend mehr Unterstützung im Alltag: mehr Nähe und Begleitung, eventuell Hilfsmittel, mehr Ruhe und neue Formen der Beteiligung. Vielleicht sogar palliative Pflege und medizinische Linderung klinischer Symptome.
Die Mitbewohnenden nehmen aktiv Anteil – in dem Mass, in dem sie bereit und fähig sind. Denn für sie ist es auch der letzte Lebensabschnitt. Sie leben mit dem Bewusstsein, dass ich “die Nächste bin”. Daraus ergibt sich auch eine besondere Form der Zuneigung.
Eine jeweils eigene Auseinandersetzung mit den existenziellen Fragen ist unausweichlich. Schön ist es, wenn diese dann in der Gemeinschaft auch angetönt oder wenigstens ausgelebt werden.
Literatur:
Bürge, Philipp. (im Druck). Wohngemeinschaft Alte Sennerei. Selbstbestimmung und Teilhabe im letzten Lebensabschnitt innerhalb der sorgenden Gemeinschaft. Verein Tenna Hospiz, Tenna.
Rüegger, Heinz. 2006. Das eigene Sterben. Auf der Suche nach einer neuen Lebenskunst. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. ISBN 978-3-525-63371-7
Arnold, Othmar F. 2024. Palliative Care als Gottes Dienst. In: Mit dem Tod leben. Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker), Bad Pyrmont. ISBN 978-3-929696-68-4
Wenn ein Stuhl leer bleibt in Gemeinschaft…
Für ein Leben auf hohem Niveau! Auch in schweren Zeiten.
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‘Liebe zum Leben’ – ‘Mut zum Menschen’ ist die «Bekenntnisformel» (Rainer Funk) für Erich Fromms Denken, Leben und Werk.
Wenn es keine Vision mehr gibt von etwas Großem, Schönem, Wichtigem, dann reduziert sich die Vitalität, und der Mensch wird lebensschwächer.
Mit dieser Aussage erweist sich Erich Fromm als ein unbedingter Förderer menschlicher Kreativität und Produktivität. Diese nimmt er ausdrücklich für alle Lebensalter an. Für sie gibt es vier bedeutende Voraussetzungen: Erstens Offenheit und zweitens Tapferkeit des Menschen, drittens die Verwirklichung des möglichst natürlichen, ursprünglichen Seins, viertens eine Mitwelt, die uns inspiriert, motiviert, fördert.
Dieser Text aus einer Veranstaltungsbroschüre des Forums Gesundheit und Medizin liest sich wie eine Paraphrasierung aus dem Projektbeschrieb des Verein Tenna Hospiz für die Alte Sennerei – Wohngemeinschaft für den letzten Lebensabschnitt in Tenna (Safiental/GR).
Das Projekt Tenna Hospiz wuchs aus einer Vision. “Die Initiantinnen und Initianten der Wohngemeinschaft Alte Sennerei haben sich überzeugt der Menschlichkeit verschrieben. Es ist eine dezidierte Orientierung an menschennahen Werten, die ihnen und dem Modell Standfestigkeit gibt. Hier wird Menschlichkeit nicht nur postuliert, sondern auch gelebt” (Philipp Bürge) “Die Wohngemeinschaft hat eine sozialraum- und ressourcenorientierte Haltung verinnerlicht, welche Selbstbestimmung, Teilhabe und Würde bis zum Lebensende ermöglicht.”
Eben: Mut zum Menschen – Liebe zum Leben!
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For more than three years, the Tenna Hospice Association has been trying, with hope and various strategies, to find enough active people to fill the four full-time positions required to adequately run the residential care community for the last stage of life in the ‘Alte Sennerei’ in Tenna.
The more the required responsibility, as a counterweight to freedom, was mentioned in the adverts, the fewer the enquiries and applications became. The salary level did not change this dynamic. The romantic village of 100 people in a remote mountain valley was proving to be a disadvantage in terms of location.
Some members of the board of the Tenna Hospice association wanted to close the communal residence even before it opened. They took the view that all full-time positions had to be filled in order to become operational. The commitment already made to future residents could be cancelled. As CEO, I understand the corporate logic behind this attitude. However, it is untenable for the vision of a co-living community!
As a person directly affected, I have always relied on confidence: the proverbial ‘needle in the haystack’ will show itself – and will be found. This requires patience and humility.
‘And it happened in the remote Safien valley – in those days of elected populists and self-proclaimed big capitalists. Her job required a year-end holiday and it was Christmas Eve. She was still sitting in the hostel, enjoying the peace and quiet and the herbal tea – as well as the conversations and brief encounters. And it was getting dark and cold – a winter’s night at 1,657 metres above sea level. The innkeepers didn’t turn her away, but invited her to stay for dinner.’
DA SII UND ZIIT HA FÜRÄNAND – GASTLICH SII’ (“to be present and to have time for each other – to be hospitable”) reads the slogan on the façade of the “Alte Sennerei” in Tenna/GR.
Bread, cheese, fruit salad – and time together.
No child was born to become a saviour. After further visits to the café following sunny winter hikes, as well as after meaningful and unspectacular interactions with fellow residents, a job interview took place shortly before leaving for the usual everyday working life.
A testimony of confidence and faith, as I always wished for. ‘What remains when the grand designs crumble?’ (Thorsten Dietz, Publik-Forum 13/2024)
There are alternatives – we are living them!
With the confidence that we make a difference – that we let our light shine when the world seems dark – not with the hope that an authority or a committee will fix everything for the better. Believing that it is possible, even today, to live a piece of heaven on earth.
‘The many stories of defiant confidence against the small faith of the time remain.’
Eine Buchempfehlung, passend zu jeder Lebenssituation und jeder Jahreszeit.
Das Buch enthält persönliche Stimmen von Quäker*innen, ältere und neu verfasste Beiträge. Sie sprechen vom Leben vor und nach dem Tod, vom Prozess des Sterbens und von der Trauer, von Pflege, Sterbebegleitung und Beerdigung.
Kurz: von der Wahrhaftigkeit im Umgang mit dem Unausweichlichen.
Mein Beitrag im Buch stellt die Frage, ob Palliative Care eine Form von Gottes Dienst sein könnte.
Ein ungewöhnlicher Blickwinkel. In einer säkularisierten und wissenschafts-orientierten Gesellschaft scheint es eher ungewohnt, im Zusammenhang mit einer gut definierten Fachdisziplin, das Wort Gott in den Mund zu nehmen. Aus meiner Erfahrung mit Menschen, die ich im Leben und im Sterben begleiten durfte, habe ich es trotzdem gewagt, einen solch provokativen Blickwinkel als Ausgangspunkt für einige Gedanken zu nutzen.
Ich wünsche mir einen Mann wie eine Zigarettenschachtel.
Es muss ja auch kein Mann sein, kann eine Frau sein, oder etwas Drittes. Ob Parisienne, Camel oder Lucky Strike – du bist gar nicht so wichtig.
Du bist immer irgendwo dabei, eingesteckt, unauffällig. Und wenn ich dich brauche, dann bist du zur Hand. Dann steck ich dich an, mach dir Feuer. Ich lege meine sinnlichen Lippen zärtlich um dich. Ich werde genüsslich ziehen und inhalieren, ein bisschen streicheln und halten. Und wenn gut – mit der gekonnten Bewegung des Zeigefingers spickst du elegant weg und fliegst in den Strassengraben.
Wunderbar. Entspannt.
Oder ich drück dich aus im Aschenbecher – ist gesellschaftlich akzeptabler. Und macht die Beziehung klar.
Der Kick ist vorhersehbar und kann auch wiederholt werden. Ich bin frei. Ich bin selbstbestimmt. Ich fühle mich verstanden und bestätigt ohne etwas von mir preiszugeben. Ich werde gehört und ernst genommen – mit Sicherheit.
Und ich sehne mich nach der Sucht.
So stille ich die Sucht – doch aus der Stille berührt mich immer wieder das Sehnen.
Wie stille ich das Sehnen?
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Aus: ‘Lasst mein Leben nicht verloren gehen’ – Roman über einen schillernden Hilferuf aus einer zu verschweigenden Heimat(losigkeit) – gefangen zwischen Kulturen, den Folgen sozialen Aufstiegs und wirtschaftlichen Erfolgs, der Geborgenheit der Clan-Enge und uferlosen Scheinfreiheiten. Erscheint in naher Zukunft.
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Demut – eine gegenkulturelle Perspektive und transformative Kraft.
Ich erkenne mich als Teil von etwas Grösserem, freiwillig und selbstbestimmt. Klein und zugleich wertvoll.
Dennoch ist kein Mensch und kein Ort zu klein um Grosses zu bewirken: Video Link
“Ich weiss, dass ich nichts weiss” (Sokrates). Nicht jede/r, die/er zwei Artikel im Internet über eine Sache gelesen hat, sollte sich dann auf Social Media als Experte zum Thema ergiessen. Da mangelt es an intellektueller Demut. Positiv gesprochen, geht es um eine realistische Selbsteinschätzung und darum, immer lernfähig zu sein! (Godehard Brüntrup)
Immanuel Kant hielt Demut für ein Gefühl, das sich mit der Einsicht in die Begrenztheit unserer moralischen Vermögen einstellt. (NZZ)
Ein weiterer Aspekt der Demut bezieht sich auf den Umgang mit anderen Menschen. Bin ich offen für Neues, oder habe ich vorgefasste Meinungen und die anderen können nur im Lichte dieser Meinung erscheinen? (Brüntrup)
Demut ist lernbar – und sie überwindet Mut und Hochmut! Nicht aber den Mut zum Dienen.
Demut schafft Freiheit.
Ich kann mich von allem Überflüssigen im Leben befreien. Ich kann auch loslassen, was mich von der erfüllten Beziehung zum Selbst, zu Anderen und zum Göttlichen trennt (Kate McNally).
Denn, Demut schafft die Voraussetzung für die Überwindung des eigenen Narzissmus. Es glauben doch viele, dass das, was sie sind und erreicht haben, das hätten sie selbst erschaffen. Ohne das Grosse Ganze.
Demut in diesem Sinne ist eine Haltung, die das Leben sieht, wie es ist; eine Haltung, die darum weiß, dass Leben Sterben-müssen bedeutet. (Dienberg)
Demut ist also eine Überlebensfrage.
Auch wenn alles andere viel mehr Spass zu machen scheint 🙄 .
Humility – a counter-cultural perspective and transformative power.
I recognise myself as part of something bigger, voluntary and self-determined. Small and valuable at the same time.
Nevertheless, no person and no place is too small to achieve great things: Linked Video
“I know that I know nothing” (Socrates). Not just anyone who has read two articles on the Internet about something should then pour themselves out on social media as an expert on the subject. There is a lack of intellectual humility. On a positive note, it’s about realistic self-assessment and always being able to learn! (Godehard Brüntrup)
Immanuel Kant considered humility to be a feeling that arises when we realise the limitations of our moral capacities. (NZZ)
Another aspect of humility relates to our dealings with other people. Am I open to new ideas, or do I have preconceived opinions and others can only appear in the light of these opinions? (Brüntrup)
Humility can be learnt – and it overcomes courage and arrogance! But not the courage to serve.
Humility creates freedom.
I can free myself from everything superfluous in life. I can also let go of what separates me from a fulfilling relationship with myself, with others and with the divine (Kate McNally).
Humility is the prerequisite for overcoming one’s own narcissism. Many people believe that what they are and have achieved is something they created themselves. Without the big picture.
Humility creates freedom.
Humility in this sense is an attitude that sees life as it is; an attitude that recognises that life means having to die. (Dienberg)
Humility is therefore a question of survival.
Even if everything else seems to be much more fun 🙄 .
Many thanks for the inspiration on this topic: @cap! Magazine of the Capuchins
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„Verzage nicht: Der Stern ist da und leuchtet. […] Die sehnsüchtige Unruhe treibt. […] Brich auf, mein Herz, und wandre!“
„Siehe, die Weisen haben sich aufgemacht. […] Sie werden ihr kühnes Herz selbst ein wenig gefürchtet haben […]. Aber das Herz ist stark und selig mutig. Sie gehorchen ihm und gehen. Und plötzlich, als sie die Heimat hinter sich gelassen haben, wird ihr Herz leicht, wie das Herz eines, der alles gewagt hat und mutiger ist, als man eigentlich […] sein kann. Sie gehen verschlungene Pfade, aber vor Gottes Augen ist es der gerade Weg zu ihm […].“
„Brich auf, mein Herz, und wandre! Es leuchtet der Stern. Viel kannst Du nicht mitnehmen auf dem Weg. Und viel geht dir unterwegs verloren.“
(Aus: Karl Rahner, Kleines Kirchenjahr. Ein Gang durch den Festkreis, Freiburg/Br. 1981, 39-42)
Diese Reflexion zum Jahresende beschreibt die Dynamik, aus der heraus das Projekt Tenna Hospiz entstanden ist: Am Anfang war ein Traum, ein Stern der leuchtete. Doch selbst das kühne Herz fürchtete sich.
Es brauchte dann eine Auszeit um den Auftrag wahrzunehmen, einen solchen Traum nicht nur zu träumen, sondern auch umzusetzen. Ich gehorchte ihm, und ging.
Heute kann ich sagen, dass mein Herz leicht wurde und dass ich immer noch verschlungene Pfade gehen muss. Doch der Weg führt zum Ziel, der Traum wurde Wirklichkeit.
Viel kann (und will) ich nicht mitnehmen. Und vieles ist unterwegs auch verloren gegangen. Doch, ich sehe auch Hinweise für den geraden Weg.
Brich auf mein Herz und wandere fortan.
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Wohngemeinschaft für den letzten Lebensabschnitt im Tenna Hospiz (photo credit: Ruben Weber)
for an English version, see below
Ich habe seit meinen Teenage Jahren ein Interesse am Leben in Gemeinschaft, aus spirituellen und politischen Gründen. Deshalb ist mir die Auseinandersetzung um die Weiterführung des Klosters Wonnenstein aufgefallen. Als fernab lebender Laie erkenne ich in diesem Spiel um Macht und Einfluss dieselben Mechanismen, die mich bewegt haben, 1979 aus der katholischen Landeskirche auszutreten: Eine Kirchgemeindeversammlung hörte sich an wie die GV einer Immobilienfirma.
Kathrin Klette stellt im Artikel “Die rebellische Nonne vom Kloster Wonnenstein” (NZZ, 23. April 2023) die Frage, welche Funktionen ein Kloster heute noch habe. Alle genannten Nutzungsvorschläge entspringen einer romantisierenden Vorstellung oder einer ausbeuterischen Absicht gegen die spirituellen Kräfte des Ortes. Und dem Geld verdienen. Klostergemeinschaften hatten zum Ziel – zum Wohle aller – Kraft aus dem Dialog mit dem Göttlichen zu schöpfen – nicht abzuschöpfen. Die assoziierten Missbräuche durch die Kirchen sind hinlänglich bekannt – vom Ablasshandel bis zur Gratisarbeit.
Ich bin weiterhin überzeugt, dass ein Leben in Gemeinschaft ein Lebensentwurf ist für die heutige Zeit. Eine kirchliche Institution braucht es dazu nicht. Etwas Glauben jedoch schon.
Dass dieser Wunsch gegenläufig ist zum Zeitgeist, zeigen die Schwierigkeiten für die Besetzung einer zivilgesellschaftlichen Wohn- und Arbeitsgemeinschaft für den letzten Lebensabschnitt im Safiental: Die Form (Idee) spricht viele an, doch das hyper-individualistische Leben im Überfluss eintauschen für eine sinnstiftende Beteiligung und für die Überwindung der eigenen existentiellen Einsamkeit kann sich kaum jemand aktiv vorstellen.
Ich wünsche der verbleibenden Schwester ihren Weg mit Gott zu gehen – die Liegenschaften werden dann schon gewinnbringend verteilt. Allen andern wünsche ich den Mut, sich von der chronischen Affluenza zu befreien.
Als Leserbrief in der Print Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 28. April 2023 veröffentlicht
In English:
New Communities are Needed
I have had an interest in communal living since my teens, for spiritual and political reasons.That’s why the controversy over the continuation of the Wonnenstein monastery caught my attention. As a layman living far away, I recognize in this game of power and influence the same mechanisms that moved me to leave the national Catholic church in 1979: A parish meeting sounded like the AGM of a real estate company.
In the article “Die rebellische Nonne vom Kloster Wonnenstein” (NZZ, April 23, 2023), Kathrin Klette asks what functions a monastery still has today. All of the mentioned suggestions spring from a romanticizing notion or an exploitative intention against the spiritual forces of the place. And to make money. Monastic communities had as their goal – for the common good – to draw strength from a dialogue with the divine – not to siphon it off. The associated abuses by the churches are well known – from selling indulgences to unpaid labor.
I remain convinced that living in community is a way of life for today. A church institution is not needed for this. A little faith, however, is.
This wish is contrary to the zeitgeist. This is shown by the difficulties recruiting for of a civil-society initiative with a communal residence for the last phase of life in the Safiental (Switzerland): The form (idea) appeals to many, but hardly anyone can actively imagine to trade their hyper-individualistic life in abundance for a meaningful participation and for overcoming one’s own existential loneliness.
I wish the remaining sister at Wonnenstein to go her way with God – the real estate of her monastery will then readily be distributed for profit. To all others, I wish the courage to free themselves from chronic affluenza.
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“Ob ein Quäker den ganzen Tag quakt” wurde ich heute in einer Pilgergaststätte im Schwarzwald gefragt.
Vielleicht schon – denn auch Quäker sind nur Menschen.
Ich hatte die Gelegenheit, am Treffen der deutsch-sprechenden Quäker mich auszutauschen über das Thema ‘Verbundenheit’. Womit fühle ich mich verbunden im Leben? Nach unten – im Sinne einer Verwurzeltheit; nach oben – mit dem Unsagbaren, dem Göttlichen? Oder in die Breite, im Sinne gelebter Gemeinschaft mit meinen Mitmenschen?
Quäkertum zeigt sich nicht in einem Glaubensbekenntnis, sondern im Bemühen, das eigene Leben entsprechend einer spirituellen Erfahrung des „Inneren Lichts“ zu leben. Glaube und Wirken sind untrennbar miteinander verbunden. Entsprechend der Aufforderung „Laßt euer Leben sprechen!“ predigen sie in der Welt nicht mit Worten. (quaeker.org)
Wie ich meinen Glauben im Alltag in Wirken umsetze, und wie ich in der Palliative Care Verbundenheit ausdrücken kann, habe ich im folgenden Artikel versucht zu beschreiben: Palliative Care als Gottes Dienst
Eine spirituelle Verbundenheit braucht kaum Worte, und deshalb ist es allenfalls das Ego, das quakt.
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