English translation below – pictures will be posted soon
Ein langer Tag. Das erste Mal, dass ich erst nach dem Einnachten im Zielort angekommen bin. Das hat nicht so sehr mit der Wegstrecke zu tun, als vielmehr mit dem Wasser, das Teil des Weges bildete. Ich musste in Treib auf das Schiff warten, das mich nach Brunnen brachte. Es sind ja nur einige Hundert Meter Distanz, aber der Vierwaldstättersee ist arg tief und das Wasser zu kalt um zu schwimmen. Nein, an der Badehose hätte es wirklich nicht gefehlt – die ist im Gepäck.
Der Weg führte mich zum grössten Teil dem Ufer des Vierwaldstättersees entlang. Die erste Hälfte der Tagesetappe war sehr zivilisiert. Es gab kaum Schnee auf den Strassen und Feldwegen, und die Autobahn war immer in Hörweite. Nach einem Mittagsrast in Beckenried wurde die Besiedelung weniger dicht und bald schon tauchte ich in den Wald ein der sich steil vom Seeufer in die Berge hochzog. In diesen Gefilden hat sich der Schnee auch viel besser gehalten. Schon bald merkte ich den Widerstand an den Sohlen. Das sachte Einsinken braucht wesentlich mehr Antriebsenergie als das Wandern auf festem Grund.
Der schmale Weg zwischen dem Seeufer und dem Steilhang erinnerte mich an den Klondike: Da gab es viele Überreste von massiven Steinbrüchen, mit künstlichen Hafenanlagen und Schiffsverladestellen, altem Gerät das eingewuchert ist. Dann kam ich zu einem imposanten Wasserfall der in steter Arbeit sich in den harten Felsen eingekerbt hat. Gleich hinter dem Wasserfall find der Weg an zu steigen – 300 Höhenmeter in der Falllinie.
Darauf war ich nicht vorbereitet. Der war der Pfad nicht mehr gespurt. Ich hatte meine ersten Zweifel an meiner Routenwahl: Hier ist schon seit Wochen kein Mensch mehr lang gegangen; das Gelände ist so steil und tief verschneit dass es nur einen Fehltritt braucht um auszurutschen und abzustürzen. Auch liess meine Konzentration nach mit der Anstrengung vom Aufstieg und der Tatsache dass ich schon die ganze Woche eigentlich gefastet habe.
Aber dann bewegte sich ein Schatten im Wald, hoch über mir. Mit flinker Gewandtheit sprangen zwei Gemsen durch den Dickicht und den tiefen Schnee. Ihre frischen Spuren waren gelegentlich auch auf dem Wanderweg anzutreffen, abwechslungsweise mit Fuchsspuren. Manchmal war ich mir nicht sicher, ob stellenweise sogar Dachsspuren dem Weg folgten. Also war ich doch nicht allein unterwegs.
Ich war sehr froh, als nach einer Wegkreuzung der Pfad wieder abfallend war. So langsam erschien der Weg sich auch in einen Waldweg für die Holznutzung zu erweitern, was nur darauf hindeuten kann, dass mich die Zivilisation bald einholen wird. Nach einem gut zweistündigen Waldabenteuer gab es dann wieder Weideflächen und ein bisschen weiter konnte ich dann auf gepflügten Erschliessungsstrassen weiter Richtung Schiffsstation wandern.
Treib ist ein seltsamer Ort. Es gibt drei Häuser: Es gibt einen Bahnhof, ein ehemaliger Sitz des urschweizerischen Parlaments der heute noch als Gasthaus operiert, und ein anscheinend verlassenes Wohnhaus. Die Bedeutung des Ortes als Verkehrsknotenpunkt hat sich sehr verändert im Verlaufe der Jahrhunderte. Die sturmsichere Anlegestelle für Fracht- und Passagierschiffe ist geblieben. Der Urnersee ist bekannt für seine unberechenbaren Stürme die schon manches Schiff mit Besatzung geschluckt hat.
Die Bahn ist vor hundert Jahren entstanden im Zusammenhang mit dem Aufkommen von Bergtourismus. Auf dem Bergrücken weit oberhalb des Sees hat sich ein Kurort für wohlbetuchte und berühmte Leute entwickelt. Die Prominenz hatte keine Absicht, sich wie die Jakobspilger und Säumer mit eigener Kraft fort zu bewegen. Also trafen sich hier nicht mehr die politischen Führer des noch jungen Bundestaates um Entscheidung zu fällen. Nun waren es die willigen und fähigen Bergler, die auf die wohlhabenden Reisenden warteten um ihnen ein paar Münzen aus der Tasche zu ziehen.
Nach der Überfahrt wurde es schnell dunkel. Noch trennten mich einige Kilometer vom Zielort in Schwyz. Es erstaunt mich immer wieder, mit welcher Zielgenauigkeit ich eine Destination ansteuern kann, auch wenn ich überhaupt nicht mit der Gegend vertraut bin und wenn ich gar im Dunkeln gehe. Ich kam auf direktestem Kurs zur Herberge wo ich im voraus eine Reservation machte.
Und ich muss sagen, dass das für mich wieder einmal ein Beweis ist, dass man sich lenken lassen muss von höheren Kräften um ans Ziel zu kommen. Unter den Umständen heute Abend hätten auch Karten und Wegweiser keinen grossen Unterschied gemacht beim navigieren, weil die üblichen Anhaltspunkte in der Landschaft und sie Sicht nicht mehr zur Verfügung standen.
A long day. The first time that I arrived at the destination only after nightfall. This has not so much to do with the distance, but rather was determined by the water that formed part of the way. I had to wait for the ship that ferried me to Brunnen. It’s only a few hundred meters across the water, but Lake Lucerne is rather deep and the water too cold to swim. No, I couldn’t blame it on the missing swimsuit – it was in the luggage.
The path led me for the most part along the shores of Lake Lucerne. The first half of today’s trail was very civilized. There was hardly any snow on the roads and country lanes, and the freeway was always within earshot. After a lunch break in Beckenried I left urbanized areas, and soon I was immersed in the forest, which pulled up steeply from the lake to the mountains. In these parts, the snow has kept much better. I soon realized the resistance against the boots. Sinking-in gently with every step requires much more power than walking on solid ground.
The narrow path between the lake and the steep slope reminded me of the Klondike: there were many remnants of massive quarries, with artificial harbours and docks, and old equipment that is overgrown. Then I came to a majestic waterfall that carved itself into the hard rock through continuous action. Just behind the waterfall the trail started to ascend – 300 meters straight up.
I was not been prepared for it. The trail was not broken. I had my first doubts about my choice of route: For weeks no one has used this path, the terrain is so steep and the snow so deep that it only takes one misstep to slip and plunge. I also noted how my concentration diminished with the exertion of the ascent and as a result of fasting during the entire week.
But then, high above me, I saw a shadow moving in the forest. With nimble dexterity two chamois leapt through the woods and the deep snow. Their fresh tracks were occasionally also found on my trail, alternately with fox tracks. Sometimes I was not sure if even badger tracks were imprinted in the snow. It was reassuring to know that I was not travelling alone.
I was very glad when, after an intersection, the path was descending again. Slowly the trail appeared like usable for timber harvesting, which could only indicate that I would soon catch up with civilization. After a two-hour forest adventure, pastures appeared and a little further down the trail, I could hike again on cleared access roads toward the boat landing.
Treib is a strange place. There are three houses: One is a railway station, one a former meeting place for an early Swiss Parliament, which continues to operate as a tavern, and one a seemingly abandoned house. The importance of the site as a transportation hub has changed significantly over the centuries. The storm-sheltered mooring for cargo and passenger ships is used to this day. The Upper Lake is known for its unpredictable storms that have swallowed many ships and their crew.
The railway was built a hundred years ago in conjunction with the advent of mountain tourism. On a ridge high above the lake a resort for well-to-do and famous people has been developed. The elite had no intention to exert themselves like pilgrims and freight haulers. Therefore, it was no longer a meeting place for the leaders of the fledgling federation to discuss their decisions. Now it was the waiting place for the willing and able mountain folks, so that they could pull a few coins from the pockets of the affluent travellers.
After the ferry ride it was getting dark. I was still a few miles short of the destination in Schwyz. I am amazed by the accuracy I can walk towards a destination, even if I am not familiar with the area and in fading daylight. I arrived at the pre-booked hostel in the most direct course.
It is proof for me once again, that we can only benefit from accepting guidance from higher powers to reach a destination. Under the circumstances tonight, maps and trail markers would have made little difference for navigating because the usual clues in the landscape and the visibility were no longer available.
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